Und nachher besiegen wir den Drachen - Vater-Kind-Seminar in Dörentrup

Ein vertrautes Geräusch liegt in der Luft – das Rascheln, wenn man in Legosteinen wühlt um die richtigen zu finden. 21 Väter und 39 Kinder sind ins Bauen versunken – oder diskutieren über die Platzierung der nächsten Steine. „Es ist supercool, diese Zeit miteinander zu haben. Das kommt sonst viel zu kurz“, sagt ein junger Vater, der mit seinen Kindern Mila und Linus an einem Schloss baut. „Ich bin Alex“ stellt er sich vor. Mila stellt gleich richtig: „Aber wir nennen ihn Papa!“ Wie Alex geht es vielen der Väter. Sie sind im Beruf ordentlich eingespannt. „Ich könnte heute auf drei Baustellen gleichzeitig sein.“ erklärt mir Johann, ein selbstständiger Installateur. „Aber an diesem Wochenende ist das berufliche Handy aus.“ Er nimmt daran schon zum dritten Mal teil.

Den Tag haben alle gemeinsam mit einer Andacht begonnen. Kinder und Väter haben gesungen, gebetet und einer Nacherzählung der biblischen Schöpfungsgeschichte gelauscht – Einstimmung auf das Wochenendthema „Ins Land der Phantasie – wir bauen unsere eigene Welt.“ Am Vorabend, als die Kinder im Bett waren, hatten die Väter Zeit zum Austausch. Alex erzählt mir, was er daran wichtig findet: „Die Mütter haben immer Zeit, sich über die Kinder auszutauschen – ein Kaffee hier, ein Kaffee da. Für uns ist das die Ausnahme.“ Andere erleben es ähnlich: „Es ist gut, mal bei den anderen zu hören, dass auch nicht alles perfekt läuft.“

Peter, der mit seinen Kindern Naemi, Niklas und Julia hier ist reicht den drei Bauleuten die passenden Steine an. Der Legosack, den sie mitgebracht haben, enthält auch Steine, mit denen er schon als Kind gebaut hat. Er wirkt entspannt und erklärt mir das Bauprinzip: „Wir suchen uns durch und schauen, zu welchen Steinen uns eine Idee kommt.“ Am Ende wird es eine Wohn-Rakete mit eingebautem Haifischbecken sein.

Stefan Schmied ist von Beruf Erzieher und Leiter des Wochenendes. Er erläutert mir die „drei Säulen“ des Konzepts: Dass Väter und Kinder eine wertvolle Zeit miteinander verbringen, ist das erste. „Es kann eine wichtige Rolle für Väter sein, mit den Kindern rauszugehen, das Abenteuer zu suchen. Gestern Abend die Fackelwanderung war so eine Gelegenheit. Mit echtem Feuer – das ist heute nicht selbstverständlich.“ Ein zweiter Aspekt ist der Austausch. Die Väterrunde ist bewusst keine angeleitete „Selbsterfahrungsgruppe“ – die Gespräche finden von selbst ihre Tiefe. „Früher gab es den Stammtisch,“ sagt Schmied, „wo Männer unter sich reden konnten. Ein bisschen so ist es hier.“ Der dritte Aspekt ist der christliche Glaube, wie er in der morgendlichen Andacht zum Ausdruck kommt. „Viele Väter,“ so Schmied, „sagen mir, dass das die einzige Gelegenheit ist, wo sie mit christlichen Liedern oder der Bibel in Kontakt kommen.“

Angeboten werden die Vater-Kind-Seminare von der Vater-Kind-Agentur der Männerarbeit in der Evangelischen Kirche von Westfalen. Ein Team von Leitern hat sich für das Konzept der Wochenenden qualifiziert und bietet sie mit wechselnder Besetzung an vielen Orten an – stets in Partnerschaft mit einer örtlichen Kindertagesstätte, Grundschule oder Kirchengemeinde. Auch wenn der Rahmen von Profis gesetzt wird: inhaltlich füllen ihn die Väter selbst. In zwei Vortreffen haben sie das Thema festgelegt und Ideen zur Umsetzung entwickelt. Wenn am Nachmittag auf der nahegelegenen Burg die Prinzessin aus den Fängen des Drachen befreit werden muss wird ein Vater mit perfekter Kostümierung die Rolle das Drachens übernehmen.

Nach einer Stunde intensiver Teamarbeit leeren sich allmählich die Bautische. Nur einige Väter legen noch letzte Hand an die entstandenen Burgen, Schlösser und Raumschiffe. Doch bald finden sich alle

im Speisesaal wieder. Spaghetti Bolognese kommt bei Vätern wie Kindern gut an. Und Stärkung ist wichtig, denn am Nachmittag muss ja noch die Prinzessin gerettet werden.